So ging es dann nach einer Kurve den ersten leichten Anstieg hinauf und über dem Dorf zurück. Die vernommenen Geräusche wurden durch Bilder aus der Vogelperspektive ergänzt, ich sah die Bewegungen auf dem Eis inmitten der schläfrigen Stille, die im Rest des Ortes herrschte.
Weiter ging es und nach einer kurzen Unterbrechung kam der einzige stärkere Anstieg meiner kleinen Hausrunde. Wie immer ging ich ihn frohen Mutes an, hielt meine Geschwindigkeit und so durchströmte mich wohlige Wärme, als ich auf der Lay ankam. Im lockeren Lauf näherte ich mich der Gemarkungsgrenze und war kurz darauf rein rechtlich wieder zuhause. Mein Dorf, meine Heimat.
Der Gedanke ließ mich an Herbert Grönemeyer denken: "Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl", dieser Satz geht mir bei jedem Hören des Liedes nahe und ich weiß, wenn auch das Berchtesgadener Land und die Alpen immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben werden, meine Heimat ist das Moseltal, mit seinen steilen Prallhängen, den bebauten Gleithängen, den Weinbergen und der wunderschönen Landschaft.
So ging es denn auf den sogenannten Kopfweg, auf dem Mesenicher Bürger ihre Köpfe in Stein verewigt haben.
Vorbei an meinem Bruder, an Freunden und Bekannten, an Sagengestalten und ehemaligen Mesenichern machte das Laufen doppelt Spaß. Drehte man den Kopf dabei leicht zur Seite, erblickte man unser Dorf. Von jedem Winkel erschien es neu und anders, als man es kennt.
Altbauten, Neubauten, Anbauten. Alles, was Mesenich über den Lauf der Zeit geprägt hat. Beim Blick auf diese Häuser kamen mir auch die Gesichter der Bewohner vor Augen. All jene Menschen, die ich Zeit meines Lebens kenne: Freunde, die für immer einen Platz in meinem Herzen haben werden. Verwandte, die man gerne trifft, mit denen man sich austauscht und bei denen man weiß, sie werden immer für dich da sein. Bekannte, auf die man sich immer verlassen kann. Aber auch Streit, Ärger alles, was ein Dorfleben ausmacht kamen in meinen Sinn. Und das alles ist es, was mich über Jahre geprägt hat. Nun war die Hälfte des Weges hinter mir, vor mir lag zunächst der Naherholungsplatz. Die Gedanken schweifen nur wenige Wochen zurück. An eben jener Stelle empfingen an Silvester dutzende Zuschauer die Läufer, die am Start des Silvesterlaufes standen.
Wie in jedem Jahr waren es nicht Zeiten oder Platzierungen sondern der Spaß an der Bewegung und die Freude am Laufen mit Freunden, die hier die Motivation lieferten. Mit dem Gedanken an das Glas Sekt, dass mich jedes Jahr hier empfängt ging es weiter.
Zwischen Weinbergen, Holzplätzen und vereinzelten Brachen ging es flach in unser anderes Nachbardorf. Der Blick auf unseren eigenen Holzplatz erinnerte mich wieder an unser heimisches Feuer in der Küche und die Wärme, die mich auch schon beim Schlagen des Holzes durchströmte.
Nun ging es hinab nach Briedern und nach einigen Metern durch den Ort wieder in die Weinberge. Auch wenn es wieder auf Asphalt weiter ging, ich genoss doch jeden Moment, erinnerte mich doch jeder Weinberg, jede Kurve und jeder Meter Weg an Geschichten aus meinem Leben.
Ein Blick hinab auf unseren Fußballplatz erinnerte mich an die Zeit. als ich noch auf der Suche nach meinem Sport war. Die Kläranlage mit dem Zaun, den mein bester Freund bei einer Feuerwehrübung aus dem Weg räumen wollte. Die Bodenwelle, die man bei jeder Fahrt mit dem Traktor beachten sollte. All das sind Kleinigkeiten, die mir unter des Laufens einfallen und mir wieder ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern.
So lief ich bester Stimmung durch das Neubaugebiet Mesenichs. Dann ging es rauf in den Ortskern und ich ließ mir alles noch einmal durch den Kopf gehen, was ich auf dieser kurzen Runde in den wenigen Minuten erleben durfte. Keine Stunde war es, die ich weg war. Und doch fühlte ich mich wieder, als sei ich neu geboren.
Es war ein schöner Start in mein Wochenende und als mich zum Abschluss wieder das warme Feuer und meine Familie begrüßte, war es pure Freude, die mich durchströmte.